Dieser Förster kämpft

Dieser Förster kämpft

15. Juni 2023 Aus Von waldreporter

BUCHTIPP: In „Wald der Zukunft“ ist zu lesen wie der Förster Martin Janner für den Wald der Zukunft kämpft

Wie? Sie waren noch nicht mit dem Förster im Wald?? Dabei war die Gelegenheit selten so gut. Hier bei uns in der Gegend konnte man die Förstertour bei der Volkshochschule buchen, eine Woche später dasselbe mit dem Alpenverein, Gemeinderäte lassen sich vor Ort ausführlich von Försterinnen und Förstern über die Lage im Kommunalwald unterrichten, Deutschlands wohl bekanntester, lebender Forstmann bietet Führungen aller Art kommerziell an.

Und dann gibt es noch eine Reihe von Büchern1 mehr oder weniger bekannter Forstleute, welche die Leserin und den Leser literarisch an die Hand nehmen und tief in den Wald hinein führen. Ein weiteres davon habe ich mir in diesem Frühjahr vorgenommen: „Der Wald der Zukunft“ von Martin Janner2.

In dessen „Begleitung“ habe ich mich gleich wohlgefühlt. Das liegt daran, dass wir beide ein Faible für Quellen haben. Ja, Quellen. Bei uns in der Gegend kenne ich jede, erfrische mich bei fast jeder Tour und bin geknickt, wenn sommers kein Wasser mehr sprudelt.

Die Quelle ist ein Naturwunder

Wenn es nicht mehr sprudelt, ist das für Janner ein Alarmzeichen. „Auch in dem kleinen Waldbereich, den ich betreue, erkennt man die Veränderungen von Jahr zu Jahr stärker: Es sind die Quellen, die in den letzten Jahren versiegten…“ Dieser Förster pflegt nicht nur Bäume, sondern hütet seine Quellen. Quellen gelten nicht umsonst als Ursprung des Lebens. Das ist im Wald genauso: Ein dichtes Kronendach sollte den Waldboden feucht halten, es sollte möglichst viele Wasserlöcher geben und Quellen, die Bäche speisen, die sich wiederum zu Flüssen vereinen und das Land bewohnbar halten. Schon die Quelle an sich ist ein Wunder. „Ich habe in der Fachliteratur die Zahl von 500 auf Quellen spezialisierte Arten gefunden“, schreibt der Förster, der in Nordhessen für ein 1500 Hektar großes Revier verantwortlich ist.

Das Hauptproblem des Waldes in Deutschland, so Janner, sei die Trockenheit. „Sagt Ihnen das Wort crunchy etwas?“, fragt er. Das ist, wenn es bei jedem Schritt im Wald knistert und knackt. Oben sieht es nicht besser aus. Selbst alte Bäume mit tiefen Wurzeln werfen vor der Zeit ihre Blätter ab, weil es zu trocken ist3.

Janner lässt keinen Zweifel daran, was die Ursache ist: fataler Wachstumsglaube, zu viel CO2, zu schnell steigende Durchschnittstemperarturen: „Es bleibt uns gar nichts anderes übrig, als die Erkenntnisse der Klimaforschung ernst zu nehmen“.

Wunderbaum Birke

Doch Janner jammert nicht. Janner kämpft. Um jeden Baum. Und für den Wald der Zukunft, mit vielleicht einem anderen Baummix. Da lernt man manches: dass die Zerreiche, eine Eichenart aus dem Mittelmeerraum, die mit Trockenheit besser zurecht kommt, schon bei uns angekommen ist. Dass sich der Esskastanienbaum, der „Sohn des Südens“, hier wohlfühlt, ebenso die Kirsche, wunderbar und wuchsfreudig.

Selbst über den Allerweltsbaum Birke erfahren wir Neues. „Heimische Hölzer neu entdecken“ heißt das Kapitel. Der Baum habe unter Forstleuten als „Unkraut“ gegolten. Dabei verbreitet sich die Birke rasend schnell, wächst überall, vor allem auf wüsten, abgeholzten Flächen. Die Birke, übrigens Baum des Jahres 20234, bereitet den Boden für andere Baumarten. Und sie hat ein Klasseholz, das sich zum Beispiel zu sogenannten Birken-Multiplex-Platten verarbeiten lässt.

Trotz vieler Festmeter Fachwissen lässt sich das Buch leicht lesen. So ein Buchtipp sollte eigentlich auch auf mögliche Schwachstellen des Werkes hinweisen. Aber beim besten Willen: Ich finde keine. Außer, dass er an einer Stelle schreibt, man müsse Feldhecken gelegentlich ganz abschneiden, damit die Wurzeln der Sträucher frische Triebe entwickeln. Das glaube ich nicht.

Aber man lässt sich ja gerne eines Besseren belehren. Und dafür ist diese literarische Waldführung sehr gut geeignet.

 

1 Weitere Buchtipps bei Waldfreundin gibt es hier.
2 Martin Janner, „Der Wald der Zukunft“, Piper Verlag GmbH München 2023, ca. 250 Seiten, 22 Euro
Der Verlag hat Waldfreund.in ein Rezensionsexemplar kostenlos zur Verfügung gestellt.
3 siehe Waldzustandsbericht 2022
4 mehr über den Baum des Jahres