
Weckruf des Waldes
KOMMENTAR – Waldzustandsbericht 2024 – keine Erholung – „Weckruf“ des Waldes – wie oft noch?
Rottenburg am Neckar, 16. Juni 2025. Aufwachen!! Sogenannte Weckrufe erreichen uns fast täglich. Alfons Kaiser hörte einen „Weckruf aus der Schweiz“ und teilte dies in der FAZ (vom 31. Mai) auf Seite 1 mit. Ebenfalls auf Seite 1 zitierte die Zeitung gerade erst (am 12. Juni) den Minister für Landwirtschaft, Ernährung (eine Tautologie, merkt das niemand?) und (OMG!) Heimat (früher war mehr „Forst“), Alois Rainer (CSU), mit der Aussage, die Waldzustandserhebung 2024 sei ein „abermaliger Weckruf“.
Man wird des Wortes „abermalig“ und der Weckrufe ein wenig überdrüssig.
Während sich Alfons Kaiser auf die Katastrophe von Blatten bezieht, gilt Alois Rainers Sorge vorgeblich dem Walde. Dabei steht der Bergsturz gar nicht in so direktem Zusammenhang mit der Klimakrise. Der Zustand des Waldes schon.
Kurz zusammengefasst: Forstleute messen den Zustand des Waldes an den Baumkronen: dicht-grün = gut, licht-braun = sehr schlecht. Der Waldzustandserhebung 2024 zufolge (wer es sich antun will, hier das Original) waren 74 Prozent der Bäume in schlechtem Zustand, was heißt mindestens „deutliche Kronenverlichtung“. Von den Fichten gar nicht zu reden. Die sind gleich ganz tot.
Des Waldes Jammer steht in direktem Zusammenhang mit der Klimakrise. Wärmer, trockener, eine Folge der ständig steigenden CO2-Konzentration in der Atmosphäre. Wer’s nicht glaubt, dem sei das kompakte Buch „Das kann Wald“ empfohlen, dessen Herausgeber, der Landesforstbetrieb Wald und Holz NRW, nun wirklich total unverdächtig ist.
Statt die wahren Ursachen anzugehen, haben bestimmte Kreise andere Verdächtige ausgemacht. Dazu zu zählen (wie immer) die EU mit der Verordnung zu Entwaldungsfreien Lieferketten und (wie immer) diejenigen, die, wieder vereinfacht formuliert, weg vom reinen Wirtschaftswald zum mehr Naturwald wollen. Dabei ist die EU-Verordnung zwar in Kraft, ist jedoch noch nicht anwendbar. Geschweige denn, sie wäre bereits irgendwie wirksam.
Doch wir wollen nicht mitpoltern, sondern auf Lösungen hinweisen.
Der Klimakrise noch irgendwie beizukommen, wäre vergleichsweise einfach: Die CO2-Emissionen müssen sinken. Drastisch. Schnell. Dazu müsste man sich mal, wenigstens zentimeterweise, von der fossilfixierten Wachstumsideologie abwenden. Für Wirtschaftsmodelle, die alternativ Eigentum und Wohlstand sichern, gibt es Millionen Ideen. Postwachstumsgesellschaft heißt das oft, andere sprechen von „Beyond Growth“. Es wäre an der Zeit, etwas Neues ausprobieren.
Auch was den Wald angeht, müssten wir andere Wege gehen. Schon weil das bisherige fichtenfixierte Wachstumsmodell nicht mehr funktioniert. Aufforsten schadet zwar nicht, aber womit? Es müsste sich um Baumarten handeln, die sich trotz klimatisch veränderter Bedingungen gut entwickelt, so dass wir sie in 150 Jahren sinnvoll und mit Bedacht wirtschaftlich nutzen können.
Vielleicht müssen wir künftig große Flächen für die Sukzession frei machen. Wer ein Grundstück hat, überlasse es sich selbst. Irgendwann wachsen Bäume, das ist sicher, und die haben sicher gute Überlebenschancen. Pflanzen „wissen“ in der Regel wo sie gute Standortbedingungen vorfinden.
Was wir brauchen, wäre mehr Mut zur Veränderung und Wachsamkeit gegenüber der uns umgebenden Natur. Sonst: Gute Nacht!