Waldwege, das Rebhuhn und die Klimakrise

Waldwege, das Rebhuhn und die Klimakrise

3. Oktober 2024 Aus Von waldreporter

KOMMENTAR – In Sachen Waldgesetz kommen ähnliche Ablenkungsmanöver zum Einsatz, wie schon beim Rebhuhn und der Klimakrise.

Rottenburg am Neckar, 3. Oktober 2024. Sagenhafte 219 „Klimamythen“ haben Wissenschaftler auf der Webseite „Skeptical Science“ zusammengetragen. Mit diesen Mythen versuchen „Klimaleugner“, so der Sammelbegriff für eine Gruppe von Leuten, die nichts begriffen haben, von der eigentlichen Ursache für die Krise abzulenken: Es ist der Mensch! Genauer der Kohle, Öl und Gas verbrennende Mensch und die Fossilindustrie, die diese Rohstoffe fördert und verarbeitet.

Dieser Kohle, Öl und Gas verbrennende Mensch fühlt sich allerdings nicht mehr ganz so schlecht, wenn er glaubt, er sei nur Teil, vielleicht sogar nur ein ganz kleiner Teil des Problems. Wenn überhaupt. Vor allem aber wäscht die Kohle, Öl und Gas produzierende Industrie ihre Hände in Unschuld, deswegen heißt es Greenwashing. 🙂

Dito Rebhuhn. Bis in die 1970er-Jahre war der Allerweltsvogel auf dem Land in großer Zahl heimisch. Und mit ihm viele weitere Arten, weshalb er als „Artenzeiger“ gilt. Heute sind weite Teile des Landes „rebhuhnfrei“. Dafür gibt es nur einen einzigen Grund: die intensive industrielle Landwirtschaft (siehe Foto von WWF/UK). Allenfalls Straßenbau und Autoverkehr sind noch als weitere Unglücksursachen zu nennen. Da die Genannten nicht alleine am Pranger stehen möchten, denken sie sich jedoch noch ganz viele Ursachen für das Rebhuhnsterben aus: die Jäger, Spazierengehende mit und ohne Hund, Katzen, die Klimakrise, Füchse und, neu, ganz schlimme Räuber, Waschbären.

Der Sinn dieser Augenwischerei ist, die Hauptursache zu relativieren und als Teil eines großen Bündels unglücklicher Umstände darzustellen. Wogegen man „leider“ nichts machen kann.

Ein Konzept, das problemlos zum Wald und zur Arbeit am neuen Waldgesetz passt. Dass es dem Wald schlecht geht, hat im Wesentlichen eine Ursache: die Klimakrise (also im Grunde die Kohle, Öl und Gas verbrennende Industrie). Allenfalls verschlimmert die industrielle Forstwirtschaft das Problem.Deren große „Erntemaschinen“ (Harvester) schlagen große Schneisen in die Wälder, lichten sie auf, so dass sie Feuchtigkeit nicht halten können. Zusätzlich verdichten die schweren Maschinen die Böden.

Indessen hat Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir weitere „Problemgruppen“ ausgemacht: Wanderer und Mountainbiker.

Wanderer stapfen angeblich querfeldein durch den Wald. Deswegen sollen Anbieter von digitalen Karten mit dem neuen Waldgesetz gezwungen werden können, bestimmte Wege zu löschen. Vom Widerspruch mal abgesehen – wenn es einen Weg gibt, ist es nicht querfeldein.

Vor allem aber sind es gerade die kleinen Wege (auf Landkarten – ob gedruckt oder digital – gestrichelt), die den Wert eines Weges und den Grad der Erholung (die „Soziale Funktion“ des Waldes) ausmachen. „Premiumwanderwege“ sollen nicht über Forststraßen führen, das zeichnet sie aus. Dem Wald schadet das alles nicht.

Das gilt genauso für Mountainbiker. Ja, da gibt es rücksichtslose, ja, da gibt es Hotspots, wo kein Halm mehr wächst.
Nur: Wie schnell holt sich die Natur diesen Raum wieder zurück? Im Gegensatz zu den Rückegassen und den Schneisen, die für den Straßenbau durch den Wald geschlagen werden.
Oder den 500.000 Hektar Wald, welche die Klimakrise jetzt schon vernichtet hat.

Deswegen auch von dieser Stelle an die Adresse des „Forstministers“: Keine Ablenkungsmanöver!

 

Auf der Seite
https://www.fortomorrow.eu/de/blog/funktion-des-waldes
hat Waldfreund.in die Grafik gefunden.
Die Funktionen des Waldes stehen scheinbar gleichberechtigt nebeneinander. Die Frage ist, ob es nicht klüger wäre, sie nach Bedeutung von links nach rechts zu werten.
Dann sieht es so aus:
1 KLIMA
2 ÖKOLOGIE
3 ÖKONOMIE
4 SOZIALES
Vielleicht wäre das der richtige Ansatz in einem neuen Waldgesetz.

 

Einen Überblick zu den Argumenten „Klimaleugner“ gibt die Webseite „Skeptical Science“:
https://skepticalscience.com/argument.php

Interview mit Pierre Ibisch mit Riffreporter
https://www.riffreporter.de/de/umwelt/waldgesetz-oezdemir-wald-klimawandel-biodiversitaet-ibisch-kritik

Der neueste Faktencheck Artenvielfalt, über den Spiegel online (30.09.2024) schreibt, er zeichne ein düsteres Bild, Forschende seien schockiert, aber es gebe Trends, die Hoffnung machen…

 

Foto: Agrarlandschaft / Sam Hobson / WWF UK
(Das Foto erschien im Magazin WWF junior über Wildbienen. Es zeigt ein Beispiel für eine Agrarlandschaft,
in der Artenvielfalt eher nicht entstehen kann.)

Grafik: Fortomorrow.eu

Transparenzhinweis: Der Autor wandert und fährt MTB.