Mehr Urwald in Deutschland

Mehr Urwald in Deutschland

8. Januar 2022 0 Von waldreporter

Deutschland braucht mehr Urwald. Eine Idee ist, vor allem alte Buchenwälder stillzulegen, Wildnis zuzulassen und die Besitzer zu entschädigen.

Das Unternehmen von Deutschlands möglicherweise bekanntestem Förster, Wohllebens-Waldakademie, bietet Waldfreunden die Möglichkeit, ein Wildnisgebiet zu schützen, indem es sozusagen stillgelegt wird. Nach Angaben des Unternehmens ist das ein wichtiger Beitrag zum Schutz des Klimas und der Biodiversität.

Ziel des „Urwaldprojekts“: einen alten Buchenwald auf Dauer retten. Die erste Projektfläche ist ein rund 100 Hektar großes Waldstück auf dem Gebiet der Eifelgemeinde Wershofen mit bis zu 200 Jahre alten Bäumen. Viele hochspezialisierte Tier- und Pflanzenarten haben sich auf solche dauerhaften Wälder eingestellt. Dabei sind die meisten auf besonders alte Bäume angewiesen; so kann zum Beispiel der seltene Mittelspecht Buchenwälder erst ab einem Baumalter von 200 Jahren besiedeln.

Mit den alten Buchenwäldern in Europa ist es wie mit dem tropischen Regenwald – um sie sei es schlecht bestellt, schreibt Wohllebens-Waldakademie auf ihrer Webseite. Heute finde man in Deutschland keine Urwälder mehr, und auch die alten Bäume würden zunehmend seltener. Buchenwälder, die älter sind als 180 Jahre, haben nur noch einen Anteil von 0,16 Prozent an der Landfläche. Und selbst diese kleinen Restflächen werden meist weiter bewirtschaftet. Dabei ist Totholz, also abgestorbene Bäume, ein wichtiger Lebensraum für tausende von Insekten- und Pilzarten. In Urwäldern finden sich rund 20.000 Kubikmeter Totholz pro Quadratkilometer, in bewirtschafteten Wäldern fehlt es weitgehend.

Damit Waldbesitzende das Bewirtschaften für mindestens 50 Jahre einstellen und auf die Holzernte verzichten, sollen sie einen Geldbetrag als Kompensation erhalten. Ein Eintrag ins Grundbuch soll das garantieren. Waldfreunde können sich mit einem Betrag von 4,75 Euro pro Quadratmeter an der Kompensation beteiligen. Sie erhalten dafür eine Waldschutz-Urkunde mit den Geo-Koordinaten und Bildern ihrer Schutzfläche.

Allerdings kommt die Idee, Wälder nicht mehr zu bewirtschaften, nicht bei allen Waldbesitzenden gut an. Einige von ihnen haben Petitionen dagegen organisiert, andere, vor allem Teile der Forstwirtschaft meinen, ein nachhaltig genutzter „Kulturwald“ sei die bessere Lösung. Dennoch gewinnt die Idee immer mehr Befürworter. Schließlich ist ja nicht das Ziel, den ganzen Wald in Deutschland stillzulegen, das Ziel sind fünf Prozent. Fünf Prozent des Waldes sollen als „Naturwald“ oder „Urwald“ ohne menschliche Eingriffe in Ruhe gedeihen können.

 

 

Der Beitrag beruht zu großen Teilen auf Informationen von der Webseite „Wohllebens-Waldakademie“, einschließlich des „Pressefotos“ einer alten Buche.

Weitere Informationen über das „Urwaldprojekt“ von Peter Wohlleben:
https://www.wohllebens-waldakademie.de/urwaldprojekt

Lesetipps:

„Unser Urwald von morgen“ – Kommentar aus dem Thünen-Institut für Wald-Ökosysteme
https://www.thuenen.de/en/topics/long-term-policy-concepts/bausteine-fuer-eine-gute-waldpolitik/unser-urwald-von-morgen/

Nabu: Mehr Naturwälder für Mensch und Natur
https://www.nabu.de/natur-und-landschaft/waelder/waldpolitik/26084.html

Wikipedia-Eintrag: „Nationale Strategie für Biologische Vielfalt“ (1/2022)
https://de.wikipedia.org/wiki/Nationale_Strategie_zur_biologischen_Vielfalt

Es gibt neuerdings grundsätzlich die Absicht, Waldbesitzenden die sogenannten „Ökosystemdienstleistungen“ ihrer Wälder zu honorieren, zum Beispiel für das Speichern von CO2 oder für sauberes Wasser. Mehr dazu:
https://www.waldwissen.net/de/lebensraum-wald/klima-und-umwelt/oekosystemdienstleistungen-ein-mehrwert-fuer-die-forstwirtschaft