Baum des Jahres 2024: die Echte Mehlbeere

Baum des Jahres 2024: die Echte Mehlbeere

1. November 2023 Aus Von waldreporter

Sie liebt lichte Wälder und offene Landschaften – kommt aber auch in der Stadt gut zurecht: Die Echte Mehlbeere ist Baum des Jahres 2024.

Rehlingen, 1.11.2023. Der Verein Baum des Jahres e. V. hat sich für die Echte Mehlbeere (Sorbus aria) entschieden, die 2024 den Titel tragen soll. Seit 1989 hebt der Verein eine Baumart auf diese Weise hervor. Ein Kuratorium aus diversen „natur- und baumnahen“ Organisationen, orientiert sich (lt. Wikipedia) zwar auch an der ökologischen Bedeutung und der Seltenheit oder Bedrohtheit der Baumart, im Vordergrund steht aber die Aufklärung der Bevölkerung über die Eigenarten der jeweils ausgewählten Bäume.

Hier ein (stark gekürztes) Porträt der Echten Mehlbeere von Dr. Rudolf Fenner.

Die Echte oder auch Gewöhnliche Mehlbeere – so ihr offizieller Name – gehört nicht gerade zu den mächtigsten Baumarten. 12, selten auch mal 15 Meter schafft sie, aber durchaus – im milden englischen Klima sollen sogar über 20 Meter möglich sein. Aber immerhin: Sie kann ein Alter von 150 bis 200 Jahren erreichen.

Beeindruckend ist sie allemal. Schon im Frühjahr – so ab Mitte März – fällt sie auf, wenn sich ihre großen, klebrigen, braun und grün changierenden Knospen öffnen und die gänzlich von dichtem silbergrauen Haarfilz bedeckten Triebe, Blätter und Blütenknospen zutage treten. Diese Behaarung verschwindet dann nach und nach, bleibt aber an den Blüten, beziehungsweise späteren Fruchtstielen, und vor allem an den Blattunterseiten als Verdunstungsschutz bis in den Herbst erhalten.

Es sind eigentlich Apfelfrüchte

Die Früchte der Mehlbeere werden gewohnheitsmäßig Beeren genannt. Klein wie Beeren sind sie ja auch, und außerdem führt auch nicht nur die Mehlbeere selbst, sondern auch einige weitere nahverwandte Baumarten die ‚Beere’ in ihrem Namen: Elsbeere, Vogelbeere (häufig verwendeter Name für die Eberesche) oder Oxelbeere (anderer Name für die Schwedische Mehlbeere). Doch botanisch korrekt wäre es, die Früchte als Apfelfrüchte zu bezeichnen.

Ihr Name lässt nichts Gutes vermuten und in der Tat: Ihre Früchte, rundlich-oval und ein bis anderthalb Zentimeter groß, schmecken mehlig und eher langweilig. Nach dem ersten Frost allerdings ist der Gehalt an Gerbstoffen verringert und es kommt eine gewisse Süße durch, sodass der Saft der Früchte zumindest als Beimischung zu Säften, Marmeladen und Gelees infrage kommt.

Die Entstehung des Namens Mehlbeere ist offensichtlich nicht eindeutig belegt. Neben dem mehligen Geschmack der Früchte sollen auch die bemehlt aussehenden jungen Triebe und Blattunterseiten oder auch die Beimischung getrockneter Mehlbeerenfrüchte zur Streckung von Mehl in Notzeiten zur Namensgebung beigetragen haben.

Eine Pionierbaumart

Die lichtliebende Mehlbeere ist nach der letzten Eiszeit über das südöstliche Europa eingewandert und ist heute rund um das westliche Mittelmeer und in Teilen von West- und Mitteleuropa zu Hause. Ihre natürliche nördliche Verbreitungsgrenze verläuft über Südengland und Belgien quer durch Deutschland über die Eifel, durch Nordhessen sowie den Thüringer Wald. Im deutsch-tschechischen Vogtland erreicht sie bereits ihre Nordostgrenze.

Wichtig sind ihr vor allem sonnige Standorte und wenig Konkurrenz. Sie kommt zwar auch in Kiefern-, Eichen- oder Buchenwäldern vor, aber doch eher nur dort, wo diese Wälder aufgrund schwieriger Boden- und Klimaverhältnisse lichte Bereiche haben. Ansonsten ist die Mehlbeere an Waldrändern, in Heidegebieten, auf Mager- und Trockenrasen anzutreffen. Auch an Steilhängen und auf Felsblockhalden kommt sie zurecht, entwickelt sich dort allerdings meist mehrstämmig oder auch nur strauchförmig.

Die Verbreitung ihrer Früchte durch Vögel und ihre Vorliebe für lichte und sonnige Standorte macht sie zu einem Pionierbaum, der auch bereits in den derzeitigen unter den Folgen der Klimaerwärmung zusammenbrechenden Waldflächen Fuß gefasst hat. Allerdings wird die Mehlbeere aufgrund ihres vergleichsweise langsamen Wachstums schon recht früh wieder von anderen nachwachsenden Baumarten von diesen Flächen verdrängt werden.

Karriere in der Stadt

Ihr ansprechendes Aussehen, ihre Vorliebe für offene Standorte und ihre Fähigkeit, auch längere Trockenperioden zu ertragen, haben die Mehlbeere zu einem gern gepflanzten Stadtbaum werden lassen. Sehr zur Freude auch der zunehmenden Gemeinde der Stadtimker. Man trifft die Mehlbeere in Grün- und Parkanlagen, auf Plätzen und am häufigsten entlang von Straßen und Wegen. Allerdings sollte in diesen Alleen auf jeden Fall auf den Einsatz von Streusalz verzichtet werden, denn darauf reagiert die Mehlbeere recht empfindlich. Außerhalb der Städte wird sie, vorrangig an Nebenstrecken, gern als Alleebaum gepflanzt.

Es ist zu erwarten, dass die Mehlbeere auch mit der in den kommenden Jahren sicherlich höheren Sonneneinstrahlung und den zunehmenden Trockenperioden gut zurechtkommen wird. Die bundesweite Gartenamtsleiterkonferenz (GALK) hat die Mehlbeere daher in die Liste der Zukunftsbäume für die Stadt aufgenommen.

 

Der ganze Text von Dr. Rudolf Fenner steht auf der Seite Baum des Jahres.
Mehr Bäume des Jahres bei Waldfreund.in.

Fotos:

1 © Robert Flogaus-Faust – Eigenes Werk, CC BY 4.0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=83032570

2 Mehlbeere in Landschaft / © Jürgen Blümle / Baum des Jahres