Kein Holz mehr aus Russland

Kein Holz mehr aus Russland

11. April 2022 0 Von waldreporter

KOMMENTAR – Nicht nur Öl und Gas, auch russisches Holz müssen wir boykottieren – und zwar sofort – Rückgrat im Konflikt mit den Kriegstreibern.


„Wir dürfen nicht Öl und Gas mit dem Blut der Ukraine bezahlen“ – sagt die litauische Außenministerin Gabrielius Landbergis1. Man darf das ohne weiteres auf einen weiteren wichtigen Rohstoff aus Russland ausdehnen: Holz.

Die Europäische Kommission hat das jetzt vorgeschlagen. Doch der Boykott von Holz wird, wie der von Öl und Gas, auch für uns schmerzhaft. Holz aus Russland und Belarus ist für den Westen ein wichtiger Rohstoff2.

Nach Angaben des Gesamtverbandes Deutscher Holzhandel (GD Holz) kommen rund zehn Prozent des europäischen Nadelschnittholzimports aus Russland. Die Importe nach Deutschland aus Russland, Belarus und der Ukraine hätten im vergangenen Jahr rund 1,4 Millionen Kubikmeter betragen. Alle drei Staaten seien wichtige Lieferanten, insbesondere für Nadelschnittholz, Birkensperrholz und weiteres Laubholz3. Übrigens wirbt der GD Holz gerade für eine klare Haltung zu forstpolitischen Themen4 und zwar mit dem Satz: „Rückgrat haben, wenn es strittig wird“.

Rückgrat ist genau das was es auch im Konflikt mit Russland braucht. Wir dürfen unsere wirtschaftlichen Interessen nicht höher einstufen als das Leben der Männer, Frauen und Kinder in der Ukraine. Was kann uns schon passieren? Sicher, die Holzpreise steigen, es wird zu Engpässen auf Baustellen führen. Vielleicht kommt zur Inflation auch noch eine Rezession. Vor allem dann, wenn Öl und Gas ausbleiben. Vielleicht droht wieder Kurzarbeit. Das kennen wir aus der Coronakrise. Im Februar 2021 waren fast 3,8 Millionen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in Kurzarbeit, das dürfte uns eigentlich nicht erschrecken5. Man könnte ja mal die Dividenden in die Finanzierung der Kurzarbeit mit einbeziehen, wenn der Staat schon so knapp bei Kasse ist.

Wichtig ist, dass wir es sind, die handeln. Wohl kann uns Russland ebenso den Öl- und Gashahn zudrehen, das Ergebnis aber ist nicht dasselbe. Es ist ein Unterschied ob der Mutige ins kalte Wasser springt, oder ob er ins Wasser gestoßen wird. Rückgrat!

Ein Boykott von Öl, Gas und Holz ist wahrscheinlich zielführender als Waffenlieferungen, die auf der Eskalationsstufe meiner Meinung nach höher stehen. Wenn wir beginnen, Panzer an die Ukraine zu liefern, ist die Gefahr groß, in den Krieg hineingezogen zu werden.

Sinnlos und feige ist das derzeitige Taktieren der Verantwortlichen in Politik und Wirtschaft: Kurzfristig will man nicht auf russisches Öl und Gas verzichten, langfristig sei das aber angestrebt. Hier schiebt die deutsche Politik wieder ein Problem (nach Klima und Schulden) möglichst weit in die Zukunft, damit sich kommende Generationen damit herumplagen müssen.

Sinnvoll wäre es umgekehrt: Kurzfristig, also sofort, boykottieren wir die Energielieferungen, weil es so eine Chance gibt, das Blutvergießen schnell zu beenden und den Frieden halbwegs wieder herzustellen. Sonst gibt man Russland die Möglichkeit, sich in aller Ruhe nach anderen Abnehmern umzusehen. Außerdem werden die Verteidiger der Ukraine nicht ewig standhalten, vor allem dann nicht, wenn Russland noch „schwerere Geschütze“ auffährt.

Mittelfristig war im deutschen Energiewendeplan vorgesehen, russisches Gas als Übergangslösung einzusetzen, bis wir mit Wind und Sonne weiter sind. Ganz unsinnig ist das nicht, auf jeden Fall sinnvoller als „Fracking-Gas“ um die halbe Welt zu schippern oder bei anderen Diktatoren einzukaufen. Zumal Gas ökologisch ohnehin nicht der Goldstandard ist. Zu diesem halbwegs sinnvollen Plan könnte man zurückkehren, wenn Russland seinen Angriffskrieg einstellt und sich auf einen Frieden mit der Ukraine einlässt. Doch das derzeitige Taktieren der Bundesregierung und die Unfähigkeit, kurz- und mittelfristige Ziele auseinanderzuhalten wird uns massiv schaden.

Langfristig, das heißt in Sachen „Energiewende“ nach 2040, wollen wir ohnehin klimaneutral sein, also ganz ohne Öl und Gas auskommen. Hier können wir auch gegenüber unseren russischen Partnern fair und verlässlich handeln.
Langfristig müssen wir uns auch wieder die Hand reichen können.

Ja, wir waren auf dem Holzweg, was den russischen Diktator und seine Oligarchen-Clique angeht. Wir müssen einfach genauer hinsehen. So ist beispielsweise auch längst bekannt, dass in russischen Wäldern massiver Raubbau stattfindet6. Mit dem Holzboykott würden wir also nicht nur die Quellen der Kriegstreiber trockenlegen, sondern auch die russischen Wälder schützen.

 

Quellen:

1 faz.net, 7.03.2022: Wovon ein Ölembargo gegen Russland abhängt
https://www.faz.net/aktuell/wirtschaft/ukraine-konflikt-ist-ein-importstopp-fuer-oel-moeglich-17858823.html

2 holzkurier.com, 6.04.2022: EU-Vorschlag – Importstopp für russisches Holz
https://www.holzkurier.com/holzprodukte/2022/02/holzmarktfolgen-ukraine-invasion.html

3 ebd.

4 Gesamtverband Deutscher Holzhandel (GD Holz)
https://www.gdholz.de/

5 Statistisches Bundesamt: Kurzarbeit in Deutschland (4.04.2022)
https://de.statista.com/statistik/daten/studie/2603/umfrage/entwicklung-des-bestands-an-kurzarbeitern/

6 Russland: Die letzten Urwälder (auf greenpeace.de)
https://www.greenpeace.de/biodiversitaet/waelder/waelder-erde/russland-letzten-urwaelder

dw.com, 25.03.2019: Russland – Raubbau im größten Wald der Welt
https://www.dw.com/de/russland-raubbau-im-gr%C3%B6%C3%9Ften-wald-der-welt/a-48052906

 

Foto: Petra Schmidt / pixelio.de