Der Baum des Jahres provoziert die Forstleute

Der Baum des Jahres provoziert die Forstleute

14. November 2024 Aus Von waldreporter

Ein Baum provoziert Debatten: Bund Deutscher Forstleute fordert Diskussion und sachliche Abwägung über die Roteiche als Baum des Jahres

Berlin, 14. November 2024 – Der Bund der Forstleute (BDF) meldet sich mit Kritik über die Roteiche zu Wort. Mit der Wahl dieser Baumart zum „Baum des Jahres 2025“ provoziere das Kuratorium „Baum des Jahres“ aus Sicht des BDF eine polarisierende Diskussion.

„Naturschützer werden die Roteiche wegen ihrer schlechten ökologischen Eigenschaften scharf kritisieren. Forstbetriebe sehen ihr Zuwachspotential und die Stresserträgnis im Klimawandel auf den nicht so gut nährstoffversorgten Böden. Die Holzwirtschaft wird ihre Holzqualität und die Verwertungsmöglichkeiten loben.“ ist sich der Bundesvorsitzende Dirk Schäfer sicher. „Dabei nimmt die Roteiche bisher nur geringe Waldfläche ein.“

Nach der gerade veröffentlichten Bundeswaldinventur nehmen die acht Gastbaumarten aus Nordamerika (und Japan) zusammen lediglich fünf Prozent der Waldfläche ein.

Für den BDF ist die lichtbedürftige Roteiche eine durchaus interessante Baumart, gerade mit Blick auf den Klimawandel und die Wiederbewaldung der vielen Kalamitätsflächen. Die Vor- und Nachteile müssten jedoch genauer abgewogen werden. „Wir sehen die Herausforderung, die Roteiche sinnvoll in Mischwaldstrukturen zusammen mit heimischen Baumarten zu integrieren“, sagt Schäfer. „Es geht darum, ihre ökologischen Risiken genauer auszuleuchten und Chancen für CO2-Speicherung und Holzzuwachs zu erkennen. Zuträgliche Lösungen zu finden, dafür ist das kommende Jahr eine gute Gelegenheit.“

Ein bisher eher seltener Baum

Unter den 34 Bäumen des Jahres zählten bislang nur vier Arten, die Rosskastanie, die Walnuss, die Esskastanie und die Robinie zu den Gastbaumarten. Diese sind allerdings schon sehr lange eingebürgert. So kamen die ersten Robinien um 1630 aus Nordamerika nach Europa. Die Römer haben die Esskastanie bereits vor etwa 2000 Jahren über die Alpen gebracht. Die Walnuss wurde spätestens mit Karl dem Großen (ca. 800 n.Chr.) nördlich der Alpen als Obstbaum weiterverbreitet. Die Rosskastanie kam mit den Türken bereits 1576 nach Wien und dann weiter nach Mitteleuropa – ganz überwiegend als Allee- und Parkbaum.

Die Roteiche kam vor mindestens 300 Jahren aus Nordamerika nach Europa und verbreitete sich zunächst als Park-, Allee- und Stadtbaum (Quelle: Wikipedia). Erst Anfang des 20. Jahrhunderts gewann sie an Relevanz in unseren Wäldern (Quelle: Boch, Eidg. Forschungsanstalt WSL).

Weitere Fakten über die Roteiche:

Die Bundeswaldinventur 4 von 2022 zählt für die Baumarten Douglasie, Küstentanne, Sitkafichte, Roteiche, Hickory, Robinie, Weymouthskiefer und Japanlärche fünf Prozent Flächenanteil im Wald. Lt. Wikipedia zählte die Inventur von 2012 für die Roteiche einen Waldflächenanteil von lediglich einem halben Prozent.

Die Eidgenössische Forschungsanstalt für Wald, Schnee und Landschaft (WSL) weist in einem Beitrag darauf hin, dass die Artenvielfalt der Bodenvegetation bei der Roteiche geringer sei, als bei heimischen Baumarten und dass die Lebensgemeinschaften in der Baumkrone deutlich geringer sind als bei der heimischen Stieleiche. Die Unterschiede seien in Mischbeständen nicht so ausgeprägt. Für holzbewohnende Käfer sei die Roteiche jedoch ähnlich attraktiv wie hiesige Eichenarten. (Quelle: Steffen Boch, WSL, 2021) Ein weiterer Beitrag der WSL bezeichnet die Roteiche als „wüchsig und attraktiv“. (Quelle: Ruhm, 2013 zitiert aus Waldwissen.net)

Für Bodenlebewesen giftig?

Der „Fernsehförster“ Peter Wohlleben sieht die Roteiche sehr kritisch. Das Laub sei für „viele Bodenlebewesen sehr giftig“ und in aufgelichteten Wäldern breite sich die Roteiche invasiv aus. (Quelle: Instagram Okt.24)

Dagegen bewertete die Forstliche Versuchsanstalt Baden-Württemberg im Jahr 2003 die Möglichkeiten der raschwüchsigen Lichtbaumart als positiv. Die ökologischen Auswirkungen und Risiken seien gering. (Quelle: Seidel/Kenk, AFZ 1/2003 S.28-31, zitiert aus Waldwissen.net)

Der Tagesspiegel berichtete 2005, dass die Berliner Forsten Roteiche in größerem Maßstab abholzten, weil der großkronige Baum „eher fremd“ sei im Wald. Der Baum wirke auf Insekten abstoßend, passe nicht ins Ökosystem und mache die Wälder steril. Die Waldexpertin eines großen Umweltverbandes stellt in dem Bericht die Roteiche auf eine Stufe mit der invasiven Amerikanischen Traubenkirsche.

Die Bayerische Landesanstalt für Wald und Forstwirtschaft berichtete 2003, dass der Besatz an Gliederfüßlern an Roteichen geringer ist und rät von einem Anbau in Reinbeständen und in Nadelwaldbeständen ab. Für die Zukunft seien jedoch weitere Anpassungen der heimischen Fauna zu erwarten. (Quelle: Goßner, LWF aktuell Nr. 45; zitiert aus Waldwissen.net)

Der Landesbetrieb Wald und Holz NRW weist auf die guten Wuchseigenschaften und interessanten Holzverwertungsmöglichkeiten hin. Die Roteiche sei ökologisch gut in naturnahe Waldökosysteme einzelweise oder als Gruppe zu integrieren. Selbst der Hirschkäfer sei in der Lage alte Roteichenwurzeln zu besiedeln. (Quelle: Burkhardt, 2018 zitiert aus Waldwissen.net)

 

Der Text ist eine leicht redigierte Pressemitteilung des Bundes Deutscher Forstleute (BDF). Hier das Original.
Der Baum des Jahres bei Waldfreund.in.

Foto: Die Roteichen-Baumkönigin Victoria Wolf bei der Verkündung des
Baumes des Jahres 2025 in Eberswalde /
© v. Keller / Baum des Jahres-Stiftung