Aufbäumen gegen die Klimakrise

Aufbäumen gegen die Klimakrise

11. Mai 2023 Aus Von waldreporter

KOMMENTAR – Lasst uns Bäume pflanzen – so viele wie möglich – und schnell – und überall – die sechs wichtigsten Argumente für mutiges Aufbäumen


Wenn ich das schon höre: „Bäume pflanzen – retten wir so das Klima?“1

Wir müssen das Klima doch gar nicht retten, herrgottnochmal, wir müssen nicht einmal, wenn schon, uns retten. Wir müssen nur die Lebensbedingungen für uns halbwegs stabil und erträglich halten. Und eines der einfachsten und vergleichsweise kostengünstigsten Mittel hierfür sind nun einmal: Bäume.

Sicher, es ist komplizierter. Fakt ist: „Klimaneutralität“ werden wir nicht schaffen. Vielleicht „weitgehende Klimaneutralität“. Zero Emission gibt es heute und auch künftig nicht. Um den unvermeidlichen CO2-Ausstoß in den Griff zu bekommen, empfehlen manche technische Lösungen wie CCS2. Da Bäume ebenfalls Kohlenstoff speichern gilt großflächiges Aufforsten3 als Alternative.

Mir ist, ehrlich gesagt, Aufforsten das liebste. Aber das ist nicht der Punkt. Der Punkt ist, dass wir uns nicht von dem Argument aufhalten lassen dürfen, Wald erhalten sei besser als Wald schaffen. Wir müssen mit aller Kraft jeden Hektar Wald erhalten und zusätzlich pflanzen, pflanzen, pflanzen… Sowohl als auch. Vielleicht gilt das genauso für CCS vs. pflanzen. Da müssten dann einige, mich eingeschlossen, über ihren Schatten springen.

Okay, soweit die Vorrede. Nun die wichtigsten Argumente für das Bäumepflanzen:

Erstens: Bäume sorgen für gutes Klima

Und zwar in doppeltem Sinne. Jedes Gramm CO2, das Blätter und Nadeln der Atmosphäre entziehen und im Holz einlagern, ist wichtig. Jedes Zehntelgrad, das sich so vermeiden lässt, wenn sich die Atmosphäre dadurch weniger aufheizt, ist wichtig. Keine Panik wenn wir das 1,5-Grad-Ziel nicht schaffen. 2,1 Grad sind immer noch besser als 2,6 Grad. Also ran an die Spaten.

Wenn durch Aufforsten neue Wälder und Haine entstehen, ist das wunderbar. So genannte Agroforstsysteme4, also die Kombination von Land- und Forstwirtschaft hat viel Potenzial und kommt doch kaum voran, nicht einmal als Versuch. Weder hier noch weltweit. Hinzu kommen (ohnehin dringend nötiges) Stadtgrün, Streuobstwiesen und Hausgärten. Überall Platz für Bäume. Wir haben auf sieben Ar zehn Obstbäume gesetzt, ein weiteres Dutzend, darunter eine Salweide, Eiben und eine Rosskastanie, kommen von alleine (letztere darf aber leider nicht bleiben). Und wenn auf einer Brache Birken wachsen5 – stehen lassen! Bäume sorgen für Schatten, Kühlung, Bodenfeuchte, Mikroklima, Artenvielfalt. Alles wichtiger denn je.

Flächen gibt es genug. Allein in Baden-Württemberg verschwinden jeden Tag fünf bis sechs Hektar Wälder, Wiesen und Felder unter Beton. Da ist es Zeit für ein Umdenken6.

Zweitens: Unsere Wälder sind krank

Laut Waldzustandsbericht 2022 sind 80 Prozent unserer Waldbäume krank7. Der Hauptgrund hierfür ist Trockenheit. Ein kranker Baum verliert früh seine Blätter. Und wenn er Blätter verliert, kann er weniger CO2 einlagern. Nun schadet es gewiss nicht, um Regen zu beten oder mehr Wasser forsttechnisch im Wald zu halten. Ganz wichtig ist es aber, durch größere Waldflächen die geringere Leistungsfähigkeit bestehender Wälder zu kompensieren. Wenigstens teilweise. Dass die durch Sturm und Käfer verloren gegangenen Flächen aufgeforstet werden müssen, versteht sich sowieso von selbst.

Drittens: mehr Regen

Neulich brachte es ein Indigener aus Mexiko auf den Punkt8: „Der Wald ruft das Wasser“. Es ist nicht nur das Mikroklima, nein, Wälder beeinflussen das Klima weltweit insgesamt. So ist bereits gut erforscht, dass die großen Regenwälder (deswegen heißen sie ja so), vor allem im Amazonasbecken und in Äquatorialafrika „Regen rufen“.

Bei weiterer Abholzung in diesen Gebieten bleibt der Regen aus. Sie drohen zu versteppen.

Viertens: Wir haben ja dann das Holz

Das ist ja, um nochmal auf CCS zurückzukommen, der große Vorteil des Wälderpflanzens. Am Ende bleibt immer das Holz. Natürlich sind die Begehrlichkeiten groß – wir brauchen den Rohstoff für Möbel, Papier, Öfen und viel, viel mehr. Aber theoretisch könnte man das Holz, und damit das darin gebundene CO2 einfach lagern. Und zwar lange Zeit.

Bei CCS haben wir am Ende eine Deponie. Noch eine. Klar, alle Fachleute garantieren, die Lagerstätten seien hundertprozentig sicher… Beim Holz entweicht hundertprozentig nichts. Es sei denn, es verrottet oder es brennt. Aber dann haben wir immer noch die Chance, diese Wärme zu nutzen.

Fünftens: Es schadet nicht!

Aufforsten ist nicht teuer, unter Umständen sogar gratis9, Holz geht immer (siehe oben) – und dass der Mensch einen Wald nicht wieder wegkriegt hat es noch nie gegeben. Leider. Dann lasst uns doch jetzt kräftig aufforsten, damit unsere Enkel auch noch abholzen können.  🙂

Sechstens: Pflanzen schafft Gemeinschaft

Niemand muss alleine pflanzen. Es gibt genügend Organisationen, die Pflanzaktionen als Gemeinschaftsprojekt, ja sogar als Event, anbieten und professionelle Unterstützung beisteuern: Sowohl in Deutschland gibt es das Bergwaldprojekt e.V. (das in ganz Deutschland, sogar an der Küste pflanzt), als auch in der Schweiz unter Bergwaldprojekt.ch. Bei der Schutzgemeinschaft Deutscher Wald (SDW), mit ihren zahlreichen Landesverbänden, ist man oft fleißig am Pflanzen10.

Man muss nur wollen!

 

 

Übrigens: Das Wort „Aufbäumen“ im Titel ist auch der Titel der Infotour des Vereins Bergwaldprojekt
https://www.bergwaldprojekt.de/aktuelles/infotour-2023

 Foto: Das Foto kommt vom Schweizer Bergwaldprojekt und illustriert dort die Seite über das Jahresprogramm 2022
https://bergwaldprojekt.ch/jahresprogramm-2022-staerken-wir-den-bergwald-gemeinsam/

Die gedruckte Ausgabe von Waldfreund.in mit dem Schwerpunktthema #1 aufforsten gibt es hier.

 

1 Quarks.de, 22.04.2023 – trotz des provokanten Titels ein informativer Beitrag
https://www.quarks.de/podcast/quarks-daily-spezial-folge-93-baeume-pflanzen-retten-wir-so-das-klima/?utm_source=pocket-newtab-global-de-DE

2 zabota.de: „Mal kurz das CO2 wegbringen“

3 Crowther Lab an der ETH Zürich

4 Mehr über Agroforstsysteme bei Waldfreud.in

5 Die Moorbirke – Baum des Jahres 2023

6 Volksantrag NABU „Ländle leben lassen“
https://baden-wuerttemberg.nabu.de/natur-und-landschaft/aktionen-und-projekte/volksantrag/index.html

7 Über den Waldzustandsbericht bei Waldfreund.in

8 DLF, 27.04., 11.50 Uhr – Sendung Umwelt und Verbraucher

9 Der Eichelhäher macht das zum Beispiel – wie hier lesen!

10 Hier noch einmal die Kontaktlinks:
sdw.de
bergwaldprojekt.ch
bergwaldprojekt.de