„iiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiih!“
Regenwürmer sind nicht immer beliebt – für die Bodenfruchtbarkeit aber unverzichtbar. Die FVA will jetzt alle Bodenlebewesen genau erfassen.
Die Forstliche Versuchs- und Forschungsanstalt Baden-Württemberg (FVA) untersucht im Rahmen des Sonderprogramms zur Stärkung der biologischen Vielfalt die Verbreitung von Bodentieren im Wald. Dafür geht sie auch auf die Suche nach Regenwürmern.
Die Frage ist zunächst, wie sich die Anzahl der versteckt lebenden Tierchen im Boden überhaupt bestimmen lässt. Man könne das von Hand machen, so Christian Bluhm von der Abteilung „Boden und Umwelt“, das sei aber sehr zeitaufwändig. „Vor allem Regenwurmarten wie der Tauwurm ziehen sich mehrere Meter tief in den Boden zurück.“ Daher greift er für das Projekt „Biodiversität von Waldböden: Bodenfauna“ auf andere Methoden zurück: „Es gibt den Elektrofang, bei dem Elektroden in den Boden gesteckt und auf einer bestimmten Fläche Strom hineingeleitet wird. Die Regenwürmer fliehen vor den leichten Stromschlägen an die Oberfläche und wir sammeln sie auf“, erklärt Bluhm. Das Problem: Sehr tiefgrabende Regenwürmer entgehen dem. Für sie eignen sich Reizlösungen, die die Forschenden auf eine bestimmte Fläche auftragen und die Würmer dazu veranlassen, die Oberfläche aufzusuchen. „Die beiden Methoden wirken unterschiedlich tief, darum ist eine Kombination aus ihnen sinnvoll“, sagt Bluhm.
Es ist erstaunlich, wie viele Würmer sich auf guten Standorten unbemerkt von Waldbesuchenden unter deren Füßen tummeln. Auf einem Quadratmeter Boden basenreicher Laubwälder lassen sich mehrere hundert Individuen feststellen.
„Den Regenwurm“ gibt es aber nicht – allein in Deutschland kommen 47 verschiedene Arten vor. Der größte Vertreter der heimischen Regenwurmarten ist der Badische Riesenregenwurm, der eine Körperlänge von 60 Zentimetern erreichen kann und nur in einem kleinen Gebiet des Südschwarzwaldes beheimatet ist.
Der Regenwurm ist von unverzichtbarer Bedeutung für die Bodenbildung. Doch er arbeitet nicht allein, sondern wird von einer Vielzahl an Bodenorganismen unterstützt – von Bakterien und Pilzen bis hin zu Asseln und Tausendfüßlern. Sie bauen Streu auf dem Waldboden ab und sorgen so für Bodenfruchtbarkeit. „Ohne diese Tierchen würden wir in abgestorbenen Blättern und Totholz versinken“, sagt Christian Bluhm. Und: Die in Streu und Totholz enthaltenen Nährstoffe würden dem Kreislauf entzogen werden.
Regenwürmer sorgen auch in der Landwirtschaft für die Fruchtbarkeit des Oberbodens. Ein Forschungsteam in Irland hat jedoch eine weitere spannende Sache festgestellt: In der Schleimspur der Tiere ist Stickstoff enthalten, und zwar in einer Form, wie Pflanzen ihn besonders leicht aufnehmen. Regenwürmer düngen also den Boden. Bewirtschaftungsmethoden, die die Population von Regenwürmern vergrößern, könnten helfen, den Einsatz von Kunstdünger zu reduzieren*.
In den Wäldern Baden-Württembergs will die FVA mit dem aktuellen Projekt die Verbreitung von Bodentieren weiträumig erfassen. Ziel ist ein dauerhaftes, landesweites Monitoring, durch das räumliche und zeitliche Trends je nach Umweltentwicklung und Waldnutzung frühzeitig aufscheinen sollen. Vor allem aufgrund des Klimawandels und der immer häufigeren Trockenheitsperioden sei so ein langfristiges Monitoring wichtiger denn je, so der Forscher. Nur aufgrund einer stabilen Datenbasis ließen sich Handlungsempfehlungen für die Waldbewirtschaftung gestalten, die sowohl ökonomische als auch ökologische Interessen verbinden könnten.
Das Projekt läuft seit dem Jahr 2018 und wird von der Landesregierung Baden-Württemberg im Rahmen des Sonderprogramms zur Stärkung der biologischen Vielfalt gefördert.
Zur Pressemitteilung der FVA geht es hier.
Am 15. Februar war der „Tag des Regenwurms“.
* Deutschlandfunk, Forschung aktuell, 2.03.2022
Foto: FVA BW / Christian Bluhm