Bunt sind schon die Wälder
Die Wälder in der Schweiz, in tiefen Lagen, an sonnenexponierten Orten und rund um den Bodensee, sind schon bunt. WSL-Forschende erklären die frühen Herbstfarben.
Birmensdorf, 28.09.2023. Bereits im August, also früher als sonst, haben sich viele Bäume herbstlich verfärbt. Das kann viele innere und äußere Gründe haben. Forschende der Eidgenössischen Forschungsanstalt für Wald, Schnee und Landschaft WSL decken die Gründe auf.
Dazu zählen Wind und Hitze, Ozonbelastung, das Frühjahrswachstum oder die Menge an produzierten Samen. Bei näherer Betrachtung zeigt sich jedoch, dass sich viele Bäume braun verfärbt haben, ohne die typischen Phasen der Blattverfärbung im Herbst zu durchlaufen. Dieser kontrollierte Prozess ermöglicht es dem Baum normalerweise, Nährstoffe aufzunehmen und sie im Herbst als Reserven zu speichern.
Die derzeitige Verbräunung trat insbesondere nach der jüngsten Hitzewelle Ende August auf. Am stärksten betroffen scheinen Buchen und Hainbuchen im Norden der Alpen zu sein, die bereits durch die Trockenheit und die extremen Temperaturen der Sommer 2018 und 2022 geschwächt waren. Südlich der Alpen sind vor allem Linden, aber auch Birken und andere Laubbaumarten betroffen.
Bäume, die dem Wind und einer starken Sonneneinstrahlung am stärksten ausgesetzt sind, das heißt an Südhängen und Waldrändern, zeigen die deutlichsten Anzeichen dieses Phänomens. Der Wind beschleunigt die Transpiration und erhöht damit das Risiko der Austrocknung von Boden und Blättern, während die intensive Sonneneinstrahlung und die wärmere, trockenere und stärker mit Ozon angereicherte Luft das Altern der Blätter beschleunigen können.
Embolien auch bei Bäumen
Nördlich der Alpen litten die Buchen in den Jahren 2018 und 2022 stark unter der Trockenheit und Hitze und zeigten auch eine vorzeitige Verfärbung. Die Auswirkungen solcher Extremereignisse könnten noch mehrere Jahre anhalten. Auch in der Region Mendrisio (Südtessin) sind die meisten Laubbäume seit Ende August 2022 verwelkt.
Solche längerfristigen Auswirkungen treten vor allem dann auf, wenn sich in den wasserführenden Gefäßen Luftblasen (Embolien) bilden. Diese entstehen, wenn der Wasserverlust über die Blätter an die trockene, heiße Luft die Menge übersteigt, die aus dem ebenfalls trockenen Boden aufgenommen werden kann. Dadurch wird die Wasserversorgung der Blätter blockiert, was zur Austrocknung der Blätter führt und auch den Wassertransport in den Folgejahren einschränkt. Ein aufmerksamer Blick in unsere Wälder zeigt viele Überbleibsel der letzten Dürreereignisse: abgestorbene Stämme, Äste und Zweige.
Weitere Faktoren, die zu dieser vorzeitigen Verfärbung beitragen können, sind die massive Samenproduktion, ein Phänomen namens Mastjahr, und die Ozonkonzentration in der Luft. Die Bäume investieren einen großen Teil ihrer Zuckerressourcen in die Samenproduktion, was sie anfälliger für Trockenheit macht. Dies erklärt zum Teil, warum viele Hainbuchen im Norden und Linden im Süden, die in diesem Jahr eine beeindruckende Menge an Samen produziert haben, bereits braun werden oder ihre Blätter verloren haben.
Jedes Jahr überschreitet zudem die Ozondosis, der die Vegetation ausgesetzt ist, die zulässigen Grenzwerte. Vor allem in sonnigen Sommern – aber mit mehr oder weniger regelmäßigen Niederschlägen wie im Jahr 2023 – entwickelt die natürliche Vegetation eine Reihe von charakteristischen Symptomen, darunter Rötungen (verschiedene Hartriegel- oder Schneeball-Arten), Vergilbungen und Verbräunungen (z.B. bei Buche oder Hasel). Diese Symptome traten im Jahr 2023 in der ganzen Schweiz auf.
Phänomen nicht neu
Das Phänomen der vorzeitigen Verfärbung ist nicht neu und tritt immer dann auf, wenn eine schwere Sommertrockenheit mit einer Hitzewelle kombiniert vorkommt, wie in den Jahren 1947, 1976, 2003, 2015, 2018 und 2022. Dennoch wird dieses Phänomen in Zukunft wahrscheinlich häufiger auftreten, da jede neue Dürre aufgrund der steigenden Temperaturen für die Bäume schädlicher ist. Die Verdunstung nimmt zu und somit verringern sich die Wasserreserven im Boden.
Ob die diesjährige Laubfärbung landesweit außergewöhnlich früh ist, lässt sich noch nicht sagen. An einigen Orten, wie im Schweizer Jura oder im westlichen Mittelland, wo die Niederschläge im Frühsommer unter dem Durchschnitt lagen, ist sie sicherlich früh.
Es ist jedoch möglich, dass die gegenwärtigen warmen Temperaturen Anfang September den Verfärbungsprozess der Bäume verzögern. Vor allem jene, die durch die vergangenen Hitzewellen und Dürreperioden nicht geschwächt wurden, indem sie den Pigmentabbau verlangsamen. Dies könnte in diesem Jahr zu einer großen Heterogenität in der Blattfärbung zwischen den Bäumen und Regionen führen, die so den Stresszustand der Bäume widerspiegeln würde.
Der Text ist eine Pressemitteilung der WSL. Hier das Original.
Mehr von der WSL bei Waldfreund.in.
Fotos: Am Thunersee bei Spiez waren die Buchenkronen am 12.9.2023 auf flachgründigen Böden deutlich verfärbt (© Lorenz Walthert/WSL).
Vorzeitige Herbstfärbung an einer Hainbuche im Hardwald bei Basel am 5.9.2023. (© Thomas Wohlgemuth/WSL)
„Bunt sind schon die Wälder“ ist der Titel eines deutsch-schweizer Volkslieds.