Mehr Vielfalt mit Robinie und Douglasie

Mehr Vielfalt mit Robinie und Douglasie

19. April 2023 Aus Von waldreporter

Die WSL hat untersucht, wie sich in Europa nicht heimische Baumarten auf die biologische Vielfalt auswirken.

Nicht-einheimische Waldbaumarten, zum Beispiel Robinien und Douglasien, können die Vielfalt heimischer Arten verringern, wenn sie in einheitlichen Beständen angepflanzt sind. Hingegen sind ihre Auswirkungen auf Bodeneigenschaften gering. Zu diesem Ergebnis kommt eine internationale Übersichtsstudie mit Beteiligung der Eidgenössischen Forschungsanstalt für Wald, Schnee und Landschaft (WSL).

Fluch oder Segen? An gebietsfremden* Baumarten scheiden sich die Geister. Viele Forstleute pflanzen neben einheimischen Arten auch gebietsfremde, die der zunehmenden Sommertrockenheit trotzen können. In verschiedenen Teilen Europas sind Letztere bereits wichtige Holzlieferanten. Auf der anderen Seite befürchten Naturschützer ökologische Schäden, wenn die „Neuen“ beispielsweise einheimische Arten verdrängen oder Baumkrankheiten und Schadinsekten eingeschleppen.

Nun hat sich ein Team europäischer Forschender, geleitet von Thomas Wohlgemuth von der WSL, den Stand des Wissens zu den ökologischen Folgen von eingeführten Baumarten in Europa angeschaut. Es analysierte die Ergebnisse von insgesamt 103 Studien zu sieben solchen Arten. Alle diese Studien hatten untersucht, wie sich von gebietsfremden Baumarten dominierte Bestände im Vergleich zu Beständen einheimischer Baumarten auf die Artenvielfalt oder den Bodenzustand unter den Bäumen auswirkten. Zu den untersuchten Organismen gehörten Pflanzen, Moose, Mikroorganismen und Insekten vom Boden bis in die Baumkronen.

Von den sieben untersuchten eingeführten Arten pflanzen Forstleute in der Schweiz derzeit nur die Douglasie in größerer Anzahl. Während sie früher den schnellen, geraden Wuchs der Douglasie und ihr vielseitig verwendbares Holz schätzten, ist es heute ihre höhere Trockenheitstoleranz im Vergleich zur Fichte. Andere Arten sind problematisch, weil sie sich unkontrolliert ausbreiten können. So ist die nordamerikanische Robinie invasiv und kann heimische Arten verdrängen. Sie wurde bereits vor 400 Jahren nach Europa gebracht und in der Schweiz unter anderem dazu verwendet, um Böden zu befestigen.

Negativ-Effekte auf Artenvielfalt überwiegen

Über die gesamten 103 Studien hinweg gesehen überwogen die negativen Konsequenzen der gebietsfremden Arten für die Biodiversität. So zeigen 65 Studien, dass auf und bei Douglasien weniger Insektenarten leben. Auch Robinien verringern die Vielfalt der Insekten, Eukalyptus diejenige der Vögel. Das sei wenig überraschend, meint Thomas Wohlgemuth, Leiter der WSL-Forschungseinheit Walddynamik. Denn: „Diese Ergebnisse treffen auf Vergleiche zwischen Reinbeständen zu.“ In zusammenhängenden, einheitlichen Pflanzungen schnitten viele eingeführte Arten klar schlechter ab als einheimische.

Doch gebietsfremde Arten haben nicht nur negative Auswirkungen. Die meisten beeinflussen die Bodeneigenschaften nicht. Die leicht abbaubaren Nadeln der Douglasien können sogar mehr Nährstoffe verfügbar machen als die schwerer abbaubare Fichtennadeln. „Wenn es nur um Bodeneigenschaften geht, hat die Douglasie keinen negativen Einfluss,“ sagt Wohlgemuth. Generell fanden gleich viele Studien positive wie negative Effekte der sieben nicht-einheimischen Arten auf den Boden.

Außerdem mache es einen Unterschied, ob die gebietsfremden Arten näher oder entfernter mit europäischen Baumarten verwandt sind. „Baumarten ohne nähere Verwandte wie Eukalyptus und Akazie aus Australien verringern die Artenvielfalt über alle Studien hinweg stärker als näher verwandte Arten wie zum Beispiel Douglasie und Spätblühende Traubenkirsche aus Nordamerika“, ergänzt Martin Gossner, Leiter der WSL-Gruppe Waldentomologie und Zweitautor der Studie.

Auf die Bewirtschaftung kommt es an

Die Bewirtschaftung hat einen wesentlichen Einfluss darauf, ob Douglasien oder andere Baumarten insgesamt gut oder schlecht für einen Wald sind. Einheitliche und dichte Douglasien-Bestände sind als Lebensraum für viele Organismen ungeeignet. Das Gleiche gilt jedoch auch für die Fichten, die in den vergangenen 100 Jahren in Tieflagen Mitteleuropas großflächig für die Holzgewinnung angepflanzt wurden. Hingegen würden Douglasien in Beständen einheimischer Waldbäume, einzeln oder in kleinen Gruppen, das Ökosystem kaum stören, meint Wohlgemuth: „Wir folgern, dass der Einfluss auf die einheimische Biodiversität gering ist, wenn man die Douglasie beimischt.“

Sollen Forstleute nun gebietsfremde Baumarten anpflanzen oder nicht? Trotz gewisser negativer Aspekte rät Wohlgemuth nicht zum Totalverzicht. „Gerade bei der Douglasie zeigen die Fakten, dass dosierte Beimischung in Beständen die einheimische Biodiversität wenig beeinträchtigt, gleichzeitig aber Ökosystemleistungen wie die Gewinnung von Bauholz erhalten werden können. Dies vor allem, wenn andere, weniger dürrerestistente Nadelbäume im Hinblick auf den ungebremsten Klimawandel zunehmend fehlen.“

 

Dieser (hier leicht bearbeitete) Text von Lea Huber erschien im Medienbereich der WSL

*Gebietsfremde Art, oder eingeführte Art: Eine vom Menschen absichtlich oder unabsichtlich in Lebensräume außerhalb ihres natürlichen Verbreitungsgebietes eingebrachte Art. Dabei heißt „gebietsfremd“, dass die Art von außerhalb des europäischen EU/EFTA-Raumes stammt (gemäss Freisetzungsverordnung; SR 814.911, Art. 3.f)

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Foto: Robinien sind nicht nur aufgrund ihres wetterbeständigen Holzes, sondern auch wegen ihrer hübschen, honigsüßen Blüten als Zierbaum in Europa beliebt (© WSL/Thomas Reich)