Verwirrte Falter

Verwirrte Falter

2. August 2023 Aus Von waldreporter

Forstleute in NRW nutzen Paintball-Geschosse im Kampf gegen den Eichenprozessionsspinner – verwirrte Falter vermehren sich nicht.

Münster, 8. August 2023 – Der Landesforstbetrieb Wald und Holz NRW testet eine neue Methode zur Bekämpfung des Eichenprozessionsspinners. Dieser gilt als Schädling. Er befällt vornehmlich Eichen und hat sich in den vergangenen Jahren landesweit verstärkt ausgebreitet. Der Kontakt zu den Raupen des Falters kann starke allergische Reaktionen auslösen. Gleichzeitig schwächt der Blattfraß die Vitalität von befallenen Bäumen.

Mit Paintball-Markierern wollen die Forscherinnen und Forscher die Ausbreitung des Eichenprozessionsspinners effektiv eindämmen. Statt Paintball-Farbkugeln schießen die Wissenschaftler von Wald und Holz NRW Sexuallockstoffe in die Baumkronen, um die frisch geschlüpften männlichen Falter zu verwirren. Das Ziel ist, dass sich der Raupenbefall im nächsten Frühjahr deutlich verringert.

Ungewöhnlicher Versuch

Thomas Kämmerling, Leiter Wald und Holz NRW: „Wir gehen davon aus, dass die Eichenprozessionsspinner vom Klimawandel profitieren und sich in den nächsten Jahren ausbreiten werden. Als zertifizierter Betrieb sind uns Bekämpfungsmethoden, die ohne Pflanzenschutzmittel auskommen besonders wichtig. Ich bin gespannt auf das Ergebnis dieses ungewöhnlichen Versuchs, von dem dann auch kommunale und private Waldbesitzerinnen und Waldbesitzer profitieren.“

Die Methode funktioniert nur während der Paarungszeit der Tiere. Nur wenn es gelingt, die hochkonzentrierten synthetischen Pheromone zum passenden Zeitpunkt in die Baumkronen zu bringen kann die Paarung gestört werden. Die männlichen Falter haben durch das Überangebot der Sexuallockstoffe erhebliche Schwierigkeiten die Weibchen zu orten. Wenn die Weibchen nicht befruchtet werden, schlüpfen im Folgejahr deutlich weniger Eichenprozessionsspinner-Raupen.

Die Geschosse bestehen aus einer pastenartigen Trägersubstanz aus Wachsen, Ölen und Emulgatoren, angereichert mit dem synthetisierten Pheromon des Eichenprozessionsspinners. Das ganze kommt dann in eine Gelatinekugel. Diese Kugeln schießen Forstleute mit Paintball-Markierern in die Eichen. Dort zerplatzen sie.

Ungiftig, biologisch abbaubar

Die Pheromonpaste verteilt sich und das Pheromon wird über einen längeren Zeitraum langsam abgegeben. Die Trägersubstanz an sich ist ungiftig und vollständig biologisch abbaubar. Das Pheromon ist leicht flüchtig und wirkt artspezifisch. Deshalb sind hier keine negativen Auswirkungen auf andere Insektenarten oder die Umwelt zu erwarten, so Wald und Holz NRW.

Das Pilotprojekt läuft dieses Jahr an sieben Orten in Nordrhein-Westfalen. Ergebnisse aus diesem Versuch sind im Sommer 2024 zu erwarten. Anschließend soll ein bundesweites Projekt im Verbund mit internationalen Partnern daraus entstehen, um die Praktikabilität für weitere Anwendungsbereiche zu erforschen.

 

Der Text ist eine Pressemitteilung des Landesbetriebs Wald und Holz Nordrhein-Westfalen – hier die ungekürzte Version.
Mehr zu Wald und Holz NRW bei Waldfreund.in.

Fotos:
1 Dr. Ole Theisinger – der Biologe ist im Team Wald- und Klimaschutz des Zentrums für Wald und Holzwirtschaft verantwortlich für das Pilot-Projekt. (Nicole Fiegler / Wald und Holz NRW)
2 Eichenprozessionsspinner-Raupen (
© Gabriela Lobinger / LWF Bayern)
3 Mit Hilfe von Paintball-Markierern bringen Forstleute das Pheromon gezielt in die Eichenkronen. (
© Nicole Fiegler / Wald und Holz NRW)