Neuer Pilz in Deutschland entdeckt

Neuer Pilz in Deutschland entdeckt

28. Oktober 2022 Aus Von waldreporter

Forschende finden seltene Tubulicrinis-Art an Totholz im Nationalpark Harz.

Die Pilzfachleute Andreas Gminder und Sylvia Heidemann aus Goslar haben in den Bergfichtenwäldern des Nationalparks Harz seltene totholzzersetzende Pilze der Art Tubulicrinis entdeckt. Dabei gelang ihnen unter anderem ein deutscher Erstnachweis von Tubulicrinis regificus. Im Nationalpark haben die Forschenden außerdem drei weitere Tubulicrinis-Arten erstmals nachgewiesen. Nahezu alle Arten der Gattung sind selten und gelten als so genannte Naturnähezeiger.

Anlass, wieder einmal genauer hinzusehen, waren ausgerechnet die jüngsten „Katastrophen“, wie der Mensch das meist sieht: Durch Windwürfe, extreme Witterungsverhältnisse und Borkenkäferbefall in erheblichem Umfang entstanden große Mengen an liegendem und stehendem Fichten-Totholz. In diesem Jahr lagen die Untersuchungsschwerpunkte in den Bereichen der Waldforschungsflächen Bruchberg und Brockenosthang in rund 800 Metern Höhe.

Totholz gilt als besonders artenreich. Zunächst siedeln sich auf den abgestorbenen Bäumen holzzersetzende Pilze an, dann dient das zersetzte, krümelige Holz als optimaler Nährboden für junge Bäumchen – vereinfacht formuliert. Totholz ist ziemlich feucht und daher eben nicht Brandbeschleuniger wenn es Wald brennt, wie manche behaupten.

Viele Forstleute wünschen sich mehr Totholz. Die Waldstrukturaufnahme der Nordwestdeutschen Forstlichen Versuchsanstalt und des Nationalparks Harz ergab einen Vorrat von 184 m3 pro Hektar am Brockenosthang. Am Bruchberg lag die Totholzmenge 2018 bei 101 m3/ha. Deutschlandweit ermittelte die 3. Bundeswaldinventur 2012 einen Wert von 20,6 m3/ha.

Auf solchem Totholz haben sich also die genannten Pilze niedergelassen. Ein besonderes Augenmerk bei den Untersuchungen in den Bergfichtenwäldern lag auf der Gattung Tubulicrinis. Sie wurde 1956 vom niederländischen Mykologen Marinus Anton Donk beschrieben. Weltweit sind etwa 45-50 Arten bekannt.

Tubulicrinis ist eine Gattung von Rindenpilzen, die dünne helle Beläge auf morschem Nadelholz bilden. Die einzelnen Arten lassen sich nur anhand mikroskopischer Details unterscheiden. Mit Tubulicrinis regificus konnte hierbei der Erstfund für Deutschland verzeichnet werden. Erstmals im Harz fanden die Pilzfachleute die Arten T. borealis, T. strangulatus und T. subulatus.

Für die beiden Waldforschungsflächen gab es bisher nur einen Nachweis von T. accedens aus dieser Gattung (Waldforschungsfläche Brockenosthang, Heinrichshöhe). Hinzu kommen Nachweise von T. glebulosus und T. hirtellus außerhalb der zwei Untersuchungsgebiete. Somit sind statt der bisher drei jetzt sieben Arten aus der Gattung Tubulicrinis im Nationalpark Harz belegt.

Dieses gehäufte Auftreten und das Vorkommen mehrerer Arten in den beiden Waldforschungsflächen unterstreicht die Wertigkeit und Naturbelassenheit dieser Gebiete.

 

 

Der Text ist eine vereinfachte und gekürzte Version einer Pressemeldung des Nationalparks Harz. Das Original ist hier.

Der Mykologe Andreas Gminder har eine eigene Webseite – und zwar hier.

Foto: Typischer Tubulicrinis-Standort mit stark zersetzten Fichtenstämmen in feuchter Lage am Bruchberg bei Torfhaus / © Andreas Gminder