Neue Zeckenarten eine Herausforderung für den Gesundheitsschutz
FSME-Überträger Auwaldzecke verbreitet sich bundesweit – regional unterschiedliche Entwicklung erfordert weiteres Forschen.
Über 7000 eingesendete Funde zeigen: Die ursprünglich eher im Süden beheimatete Auwaldzecke verbreitet sich in ganz Deutschland. Genau wie der Holzbock kann auch diese Zeckenart Frühsommer-Meningoenzephalitis (FSME) übertragen. Obwohl die FSME-Fälle insgesamt gesunken sind, zeigen sich regional starke Unterschiede. Die Ausbreitung der Erkrankung auch in Norddeutschland mache eine angepasste Impfstrategie notwendig. Zu diesem Ergebnis sind Zecken-Fachleute bei einem Kongress an der Universität Hohenheim in Stuttgart gekommen.
Im Rahmen einer Citizen-Science-Studie, die Bürgerinnen und Bürger dazu aufrief, Zeckenfunde einzusenden, sammelte Professor Ute Mackenstedt von der Universität Hohenheim über 8000 Zecken aus ganz Deutschland. „Der Großteil davon sind Zecken der Gattung Dermacentor, darunter vor allem die Auwaldzecke Dermacentor reticulatus. Die Einsendungen kamen aus allen Bundesländern. Daran sehen wir, dass sich die Auwaldzecke bundesweit ausbreitet.“
In ihrem Forschungsprojekt untersuchte Ute Mackenstedt außerdem die Verbreitung der Tropenzecken Hyalomma. Zugvögel bringen diese nach Deutschland. Mit mehr heißen Sommern mit langen Trockenphasen könnten sich auch die Tropenzecken in Deutschland weiterentwickeln. Sie übertragen gefährliche Krankheitserreger, zum Beispiel das Zecken-Fleckfieber.
Bereits jetzt stellen heimische Zecken ein Gesundheitsrisiko für Menschen dar. Dass der Holzbock FSME überträgt, ist bekannt. In den bundesweit verbreiteten Auwaldzecken wurde das FSME-Virus ebenfalls nachgewiesen.
Im Vergleich zum Vorjahr gingen die FSME-Erkrankungen im vergangenen Jahr zurück: 2021 wurden 416 Fälle gemeldet, 2020 waren es 712 Fälle. Obwohl die Zahlen vor allem in Süddeutschland zurückgingen, treten die meisten Erkrankungen nach wie vor in Baden-Württemberg und Bayern auf.
„Wenn man einzelne Landkreise betrachtet, zeigen sich ganz unterschiedliche Entwicklungen“, sagt Dr. Rainer Oehme, Laborleiter des Landesgesundheitsamts im Ministerium für Soziales, Gesundheit und Integration Baden-Württemberg. „In manchen Kreisen nahmen die Fälle ab, in anderen traten hingegen mehr Fälle auf. Insgesamt sind in Süddeutschland besonders höher gelegene Landkreise betroffen.“ Das deute darauf hin, dass sich Zecken, die mit dem FSME-Virus infiziert sind, in höhere Gebiete bewegen. Auch auf Bundesebene gibt es regionale Unterschiede bei den FSME-Fällen.
„Während die Fallzahlen in Süddeutschland zurückgingen, breitet sich FSME in Norddeutschland zunehmend aus“, sagt Prof. Dr. Gerhard Dobler, Leiter des Nationalen Konsiliarlabors FSME am Institut für Mikrobiologie der Bundeswehr in München. „Das deutet darauf hin, dass unterschiedliche Umweltfaktoren in den beiden Regionen Einfluss auf die Verbreitung der Krankheit haben.“ Diese Erkenntnis zeige weiteren Forschungsbedarf zur Epidemiologie der FSME und mache eine angepasste Impfstrategie erforderlich.
In den Risikogebieten liegt die Wahrscheinlichkeit einer FSME-Infektion nach einem Zeckenstich bei 1:50 bis 1:100. Nach circa 10 Tagen treten grippeähnliche Symptome auf. Bei rund einem Drittel der Patienten kommt es nach einer vorübergehenden Besserung zu einem erneuten Fieberanstieg und einer zweiten Krankheitsphase.
Bei leichten Verläufen klagen die Patienten vorwiegend über starke Kopfschmerzen. Bei schwereren Verläufen sind auch Gehirn und Rückenmark beteiligt. Zu den Symptomen gehören Koordinationsstörungen, Lähmungen, Sprach- und Sprechstörungen sowie Bewusstseinsstörungen und epileptische Anfälle. Für rund ein Prozent der Patienten endet die Krankheit tödlich. Ist die Krankheit erst einmal ausgebrochen, können nur die Symptome therapiert werden. Schützen kann eine Impfung.
Die Auwaldzecke Dermacentor reticulatus gehört zur Gattung der Buntzecken. Sie sind groß, ihr Rückenschild ist auffällig gemustert. Die Buntzecken sind eine heimische Art. Sie können Menschen befallen und Krankheiten übertragen, darunter FSME. In der Regel bevorzugen Buntzecken Wildtiere als Wirt, im erwachsenen Stadium befallen sie aber auch häufig Haustiere wie Hunde oder Katzen.
Zum Originaltext auf der Webseite der Universität Hohenheim hier entlang…
Foto: Erik Karits / pexels.com