Holzsplitter und Ölfass
KOMMENTAR – Pelletheizungen stehen oft in der Kritik – eine Zurechtweisung.
Das erste, was zu sagen ist, und dabei dürfte man ruhig mit der Faust auf den Tisch hauen: Ursache für die Klimakatastrophe ist das massenhafte Verbrennen fossiler Stoffe: Kohle, Öl, Gas. Und sonst nichts.
Natürlich entsteht auch beim Verfeuern von Holz, in Scheiten, als Pellets oder am Lagerfeuer, CO2.
Aber – das ist der zweite wichtige Punkt: Man darf die Mengenverhältnisse nicht aus den Augen verlieren. Bezogen auf das Heizen von Häusern und Wohnungen in Deutschland gilt: 74,3 Prozent aller Bewohnerinnen und Bewohner nutzen Gas oder Öl, also fast Dreiviertel. Das restliche Viertel besteht aus Fernwärme, Strom, Wärmepumpen und Sonstigem. Darunter fallen Holzpellets mit etwa vier Prozent. Diese Zahlen kommen von Statista, vom BMWI gibt es ähnliche, nur älter.
Halten wir fest: Als Energieträger beim Heizen stehen 4 Prozent Pellets 74,3 Prozent Öl und Gas gegenüber – das erklärt die Überschrift: hier ein kleiner Holzsplitter, dort ein riesiges Ölfass (letztlich bezieht sich der Vergleich auf das Jesuswort „Was siehst du aber den Splitter in deines Bruders Auge und nimmst nicht wahr den Balken in deinem Auge?“ nach Mt 7,3).
Deswegen ist es unendlich nervig, wenn die Pelletzähler, an dieser Art Heizung rumnölen, anstatt entschlossen die wahren und relevanten Verursacher der Klimakatastrophe anzugehen: die Fossilindustrie.
Ich sage nicht, ersetzt Öl und Gas durch Holz. State of the Art bei Heizungen ist derzeit wohl die mit Ökostrom betriebene Wärmepumpe, aber das ist ein anderes Thema.
Aber umgekehrt gibt es Leute (wahrscheinlich von der total vertrauenswürdigen Öllobby), die behaupten, Holz sei nicht effizient, weil pro Wärmeeinheit mehr CO2 entsteht als bei „Fossilien“. Das stimmt. Dennoch ist es keine gute Idee stattdessen noch mehr Öl zu verbrennen, weil das alles noch viel schlimmer macht.
Denn drittens will ich hier festhalten: Im Prinzip ist das Verfeuern von Holz klimaneutral.
Die Rechnung, die diese Aussage begründet, sieht wie folgt aus: Angenommen, ein Fünf-Personen-Haushalt im Einfamilienhaus verbrennt pro Jahr rund fünf Festmeter Holz (wobei ich die Unterscheidung von Schütt- und Festmetern mal außen vor lasse; ein Festmeter entspricht einem Kubikmeter m3). Das ist, grob gerechnet, das, was der Wald in Deutschland hergibt. Freilich ist der Großteil des Holzes viel zu schade zum Verbrennen. Holz soll zunächst Karriere als Dachbalken, Tisch (sogar in ICE-Zügen), Parkett, Messergriff oder ein anderes langlebiges Produkt machen. Aber meist ist nach ein bis zwei Generationen Schluss, so dass Holz am Ende des Lebenszyklus im Ofen warm gibt.
Verteilt man nun zwei Drittel der rund 120 Millionen Festmeter, die in Deutschland pro Jahr zuwachsen, erhält jeder der 80 Millionen Einwohner einen Festmeter. Ein Drittel sollte im Wald bleiben, damit mehr CO2 aus der Luft entnommen und im Holz gespeichert wird, wobei in naturnah bewirtschafteten Wäldern, die erstrebenswert sind (z. B. nach dem Lübecker Modell), noch mehr Holz im Wald bleibt, also nicht geschlagen werden.
Schlagen könnte man rund zehn Festmeter pro Hektar. So viel wächst ungefähr jährlich nach, wobei es auf die Zusammensetzung nach Baumarten ankommt. Entscheidend ist: Kritiker behaupten, das Holz, das in diesem Haushalt in einem Jahr verbrennt, brauche viele Jahrzehnte, bis es wieder nachwächst. Das ist falsch. Bei einem jährlichen Zuwachs von zehn Festmetern sind fünf Festmeter in genau einem halben Jahr nachgewachsen. Dieser Haushalt heizt also klimaneutral (die Zahlen in diesem und im vorigen Absatz stammen aus der Bundeswaldinventur).
Allerdings hätten die Kritiker dann recht, wenn (im obigen Beispiel) der gesamte Hektar Wald auf einmal geschlagen würde. Ein Kahlschlag also. Auch das gibt es, leider. Robin Wood kritisiert zu Recht das Verbrennen von Pellets in Großkraftwerken. Dahinter steht die industrielle Herstellung von Pellets und auch eine industrielle Forstwirtschaft, die auf Kahlschläge setzt. Das ist eine vollkommen unökologische Holzproduktion, die Arten vernichtet – die aber dennoch theoretisch klimaneutral sein kann, wenn nicht der gesamte Wald, weltweit, der Säge zum Opfer fällt (lesenswert ist hier der Beitrag von Marc Kubatta-Große). Das ist zum Glück nicht der Fall. Aber es gibt Studien, die belegen sollen, dass der globale Holzverbrauch die nachhaltige Erntemenge übersteigt.
Zurück zum Ölfass: Nicht nur das Verbrennen im Ofen ist eine Katastrophe, sondern auch die Umstände der Produktion. Ein Blick hinter die Kulissen der Ölindustrie muss einen Schock auslösen: gigantische Umweltverschmutzung (Nigeria, Exxon Valdez, Deepwater Horizon), skrupellose Großkonzerne und fiese Diktaturen. Das müssen wir möglichst schnell überwinden – weg vom Öl, weg vom Gas.
Ein Blick hinter die Kulissen der Pelletindustrie zeigt: Nachhaltigkeit, Klimaneutralität und Regionalität sind möglich. In einem mittelgroßen Sägewerk im Schwarzwald fallen täglich mehrere Container mit Holzresten an, die in die Pelletproduktion gehen (siehe Waldfreund.in #2 schwarzwald). So ist das eigentlich gedacht – vielleicht nicht ideal, aber doch nur ein kleiner Splitter, der stört. Oder auch nicht.
Foto: Thorben Wengert / pixelio.de