Holzmafia zerstört Rumäniens Urwälder
Investigative Recherchen decken skandalöse Machenschaften in der Forstbranche auf – Euronatur fordert strengen Urwaldschutz in Rumänien und ein Handeln der EU-Kommission
Journalistinnen und Reporter von rund 40 internationalen Medienunternehmen haben im Rahmen des Rechercheprojekts „Deforestation Inc.“ über mehrere Monate die Machenschaften einer „nachhaltigen Holzindustrie“ untersucht. So haben sie aufgedeckt, dass eine Holzmafia Rumäniens Urwälder nach und nach zerstört.
Dramatisch sei demnach nicht nur die Situation in tropischen Regenwaldgebieten, sondern auch in Europa. So zum Beispiel in den rumänischen Karpaten. Dort fallen Wälder von unschätzbarem Wert für die Biodiversität des Kontinents und das Weltklima großflächig der Holznachfrage zum Opfer.
„EU-Kommission muss handeln“
Die international tätige Stiftung Euronatur hat nach eigenen Angaben gemeinsam mit ihren Partnern Agent Green (Rumänien) und Client Earth bereits vor drei Jahren den Anstoß für ein Vertragsverletzungsverfahren der EU-Kommission gegen Rumänien gegeben. „Es ist von großer Bedeutung, dass das Thema durch diese investigative Recherchearbeit internationale Aufmerksamkeit erhält“, sagt Annette Spangenberg, Leiterin Naturschutz bei Euronatur. „EU-Umweltkommissar Virginijus Sinkevičius muss dafür sorgen, dass das Vertragsverletzungsverfahren nach fast drei Jahren Stillstand und fortgesetzten Abholzungen in ökologisch wertvollen Wäldern Rumäniens nun endlich vor den Europäischen Gerichtshof kommt. Alle Fakten liegen seit Jahren auf dem Tisch, worauf wartet die Kommission noch?“
Stopp der industriellen Verfeuerung
Brisant ist das Thema auch im Zusammenhang mit dem aktuellen Entscheidungsprozess zur Reform der Erneuerbare-Energie-Richtlinie der EU, bei dem es auch um die Frage fortgesetzter Subventionen und anderer Anreize für die Stromgewinnung aus Holzbiomasse geht. „Die EU darf weiteren Anreizen für die industrielle Verfeuerung von Wald-Biomasse nicht zustimmen. Sonst öffnet sie Tür und Tor für die Zerstörung vieler unserer letzten Ur- und Naturwälder und liefert gleich den passenden grünen Anstrich dazu“, sagt Annette Spangenberg.
Das Projekt #deforestationinc
Euronatur gibt außerdem Hintergrundinformationen zu „Deforestation Inc.“: Das Recherche-Projekt #deforestationinc steht unter Leitung des International Consortium for Investigative Journalists (ICIJ). An den neunmonatigen Recherchen waren 140 Journalisten aus der ganzen Welt beteiligt. Zu den an den Recherchen beteiligten Medien gehören in Deutschland u.a. Spiegel, NDR, WDR und die Süddeutsche Zeitung. Das Projekt konzentriert sich auf die weltweit fortschreitende Entwaldung und fokussiert sich unter anderem auf den fragwürdigen Handel mit Nachhaltigkeitszertifikaten, auf den illegalen Handel mit Edelholz und auf die rumänische Holzmafia. Alle Rechercheergebnisse werden international veröffentlicht.
Urwälder in Rumänien
Laut Euronatur gibt es in Rumänien noch mehr als 500.000 Hektar potentieller Ur- und Naturwälder, mehr als in jedem anderen EU-Mitgliedstaat (außerhalb Skandinaviens). Etwa 300.000 Hektar dieser wertvollen Wälder befinden sich in Natura 2000-Gebieten. Hier sind Verschlechterungen für geschützte Lebensräume und Arten EU-rechtlich verboten. Dennoch würden die Abholzungen in nach EU-Recht geschützten Ur- und Naturwäldern Rumäniens weiter voranschreiten. Viele bedrohte Tiere, wie Bären, Wölfe, Schwarzstörche, Eulen, Spechte, Fledermäuse und Käfer sind auf diese Wälder angewiesen. Die Kampagne „SaveParadiseForests“ setzt sich für den Schutz der Ur- und Naturwälder der Karpaten ein, besonders in Rumänien. Sie wird von den NGOs EuroNatur (Deutschland) und Agent Green (Rumänien) gemeinsam realisiert.
Der Text ist eine leicht bearbeitete Pressemitteilung von Euronatur.
In der Süddeutschen Zeitung ist der Bericht zur Recherche unter dem Titel Die weltweiten Geschäfte der Holz-Mafia erschienen.
Mehr über Urwälder in Europa (Quelle: Euronatur).
Mehr zur Erneuerbaren-Energie-Richtlinie der EU (Quelle: Euronatur).
Mehr über den Karpatenurwald bei Waldfreund.in: hier und hier.
Fotos: Das Aufmacherbild zeigt das Boia-Mica-Tal im Făgăraș-Gebirge in Rumänien, das Bild im Text eine Abholzungsfläche (© Matthias Schickhofer / Euronatur)