50 Millionen Bäume fehlen
Durch die Jagd auf den Eichelhäher stockt die natürliche Verbreitung von Wäldern in Bayern.
Nach Angaben des Vereins Wildtierschutz Deutschland entgeht dem Wald in Bayern allein durch die Jagd auf den Eichelhäher die Aussaat von etwa 50 Millionen Bäumen pro Jahr. Von den rund 4000 bis 5000 Eicheln, Nüssen, Bucheneckern, die ein Eichelhäher pro Jahr als Nahrungsvorrat eingräbt, findet er nur etwa die Hälfte wieder. Die andere Hälfte hat die Chance zu kräftigen Bäumen heranzuwachsen, die nicht nur CO2 binden, sondern als tiefwurzelnde Bäume auch einem trockneren Klima standhalten. Das sei eine enorme Ökosystemleistung, die politisch gewollt ignoriert werde, so der Verein.
Bayern ist das einzige Bundesland, in dem der Eichelhäher eine Jagdzeit hat. In den zehn Jagdjahren zwischen 2009 und 2018 wurden nach Angaben von Wildtierschutz pro Jahr durchschnittlich etwa 20.000 dieser für den Waldbau so nützlichen Tiere im Rahmen der Jagd getötet. Dabei könne das zuständige Ministerium weder einen ökologischen noch einen vernünftigen Grund für den Abschuss dieser Singvogelart benennen. Dort berufe man sich lediglich auf die Ermächtigung gemäß Bundesjagdgesetz, für diese Tierart eine Jagdzeit festzusetzen.
Andererseits setzte gerade Bayern seit Jahrzehnten auf die Devise „Wald vor Wild“. Dass sowohl Rehe als auch Rotwild signifikante Ökosystemleistungen erbringen, ist beim Staatsministerium keiner Erwähnung wert.
So ist die Verbreitung von Pflanzensamen durch Reh- und Rotwild im Fell, zwischen den Hufen oder auch im Verdauungstrakt ein wichtiger Beitrag für die Erhaltung vieler Pflanzenarten. Rehe und Hirsche tragen so direkt dazu bei, dass Pflanzen verwaiste oder neu entstandene Lebensrauminseln besiedeln können. Dieser Beitrag zur Umgestaltung zu klimastabilen Wäldern komme in Bayern aber kaum zustande. Einerseits werde dieser ökologische Beitrag durch die intensive Jagd auf die widerkäuenden Huftiere Reh und Hirsch verhindert: Der Verein Wildtierschutz: „Die Tiere sind kaum noch tagaktiv, sie verstecken sich, wo es möglich ist, tief im Wald. Andererseits darf das Rotwild auf 86 Prozent der Fläche Bayerns überhaupt nicht leben. Verlässt es die 14 Prozent der Landesfläche ausmachenden Rotwildgebiete, muss es unter Berücksichtigung von Jagdzeiten, erlegt werden.“
Dass die intensive Jagd, gerade auch bis in den tiefsten Winter hinein, nicht nur Ökosystemleistungen für den Wald verhindert, sondern die Schädigung von Bäumen geradezu provoziert, sei seit langem bekannt, so der Verein. Es gebe nur einige wenige große Wälder in privater Hand, wo durch großräumige jagdfreie Äsungsflächen, Lenkung der Wildtiere in weniger sensible Bereiche und mäßige Jagd erfolgreich gegengesteuert wird. Jedes vierte Reh in Deutschland werde in Bayern auf der Jagd getötet, insgesamt etwa 300.000 pro Jahr, und jeder fünfte Hirsch. Die Rotwildstrecke sei mit jährlich 13.000 Tieren die höchste in Deutschland.
Der Text ist eine leicht redigierte Pressemitteilung des Vereins Wildtierschutz. Im Original ist die Pressemitteilung hier nachzulesen.
Foto: Bird at Work (Eichelhäher, fotografiert von Aaron Hauptvogel) / © Verein Wildtierschutz Deutschland